An alle noch nicht dreißigjährige Absolventen: Wir gelten als Problemgeneration. Wir sind faul, verwöhnt und haben schon zu viel von der Welt gesehen. Außerdem fordern wir zu viel ein: flache Hierarchien, viel Freizeit und großzügige Entlohnung. Von entsprechender nicht-materieller Anerkennung ganz zu schweigen. Wir tun unsere Meinung zu laut kund (ob online oder offline) und sind außerdem noch links-orientiert und umweltfreundlich. Und dann soll unser Beruf auch noch Spaß machen. Spaß! Weiche Faktoren zählen mehr als Bausparverträge. Die Wahrheit ist: Unsere Chefgeneration kann mit unserem freigeistlichen Denken und Bedürfnissen nichts anfangen. Doch eine Frage bleibt offen: Wer gibt zuerst nach?
Der heutige Arbeitsmarkt fordert von uns Jungakademikern zusätzlich zu den bi- oder trilingualen Ausbildungen (selbstverständlich noch unter 25 Jahren absolviert) mindestens zehn praktische Berufsstationen: Vom qualifizierenden (unbezahlten und mindestens sechs Monate langen) Praktikum im Großunternehmen bis zur studentischen Aushilfsstelle im Start-Up. Aber bitteschön das Studium sollte dabei nicht zu sehr vernachlässigt werden. Ach so und engagiert ihr euch nicht sozial? Nein? Schade, dann wird das leider nichts mit einer Stelle in der weltverbessernden Stiftung. Weltverbesserungsdrang ist leider ausverkauft.
Zynismus beiseite. Wir stehen vor einem ernsthaften Problem. Dieses Problem ist ein gesellschaftliches Embargo: Wir wollen unsere Arbeitskraft (von HRlern auch als Potenzial glorifiziert) sehr gerne in den Arbeitsmarkt exportieren (wir sind nämlich nicht so faul, wie es uns unterstellt wird), nur stellen wir daran gerechtfertigte Bedingungen. Und diese Bedingungen rühren nicht von unserer verwöhnten Kindheit, von ermöglichten Auslandsjahren und unbezahlten (von den Eltern finanzierten) Praktika her: Die Bedingungen, die wir stellen sind angepasst an existentielle Überlebensfaktoren des 21. Jahrhunderts. Sollen wir schnellst möglichst und von überall erreichbar sein? Brauchen wir ein Smartphone. Sollen wir uns sozial und politisch wieder mehr engagieren? Brauchen wir Freizeit. Sollen wir in einer deutschen Großstadt überleben? Brauchen wir ein Gehalt, das dies ermöglicht. Liebe Arbeitgeber, stellt ihr euch eigentlich die Frage der Logik hinter all euren Anforderungen? Habt ihr in den 60ern und 70ern ein Jahr lang für null Euro und einen feuchten Händedruck gearbeitet? Nicht? WARUM sollten wir das jetzt tun?
Wir sind die Generation Y. Wir stellen Fragen. Wir hinterfragen und reflektieren. Uns und euch. Eigentlich machen wir nur die uralte Kosten-Nutzen-Rechnung für alle auf. Und weil wir das wagen, gelten wir als verwöhnt. Als zu fordernd. Als Spaßgeneration. Aber warum eigentlich?

